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 Zwangsvollstreckung und Lohnpfändung 
   
 

I. Einleitung

Die gängigste Art eine Zwangsvollstreckung aus einem Titel gegen einen Schuldner einzuleiten ist ein Auftrag an den Gerichtsvollzieher über die Gerichtsvollzieherverteilerstelle des hierfür zuständigen Amtsgerichtes. Spätestens nach einem erfolglosen Pfändungsversuch durch diesen Gerichtsvollzieher erfährt der Gläubiger/Mandant durch das hierüber angefertigte Protokoll den Namen und gegebenenfalls auch die Anschrift des Arbeitgebers, bei dem der Schuldner beschäftigt ist. Im nächsten Schritt kann der Gläubiger – neben anderen Maßnahmen – eine Pfändung der Arbeitseinkommen bei dem für den Schuldner zuständigen Amtsgericht erwirken.

 
   
 

II. Verfahren beim Gericht

Das hierfür zuständige Amtsgericht erlässt auf einen entsprechenden Antrag des Gläubigers hin und gegen Zahlung der anfallenden Gerichtskosten in Höhe von derzeit 15,00 EURO einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Arbeitgeber, sofern dieser vollständig mit Namen (Firmierung) und Anschrift bezeichnet ist. Der hierauf erlassene Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss dann sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Schuldner mittels Gerichtsvollzieher zugestellt werden, hierdurch entstehen weitere Kosten.

Nach Erhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wird der Arbeitgeber zum so genannten Drittschuldner. Als solcher muss er nach § 840 ZPO innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eine so genannte Drittschuldnererklärung abgeben. Diese muss folgende Angaben enthalten:

  1. Ob und inwieweit erkennt der Drittschuldner die Forderung an?
  2. Ob und inwieweit ist er bereit, Zahlung zu leisten?
  3. Machen andere Personen Ansprüche an die Forderung geltend? Wenn ja, welche?
  4. Ist die Forderung bereit für andere Gläubiger gepfändet? Wenn ja, in welcher Höhe und für wen?

Die Erklärung kann auch direkt gegenüber dem Gerichtsvollzieher bereits bei Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses abgegeben werden. In diesem Fall werden die entsprechenden Angaben des Arbeitgebers auf der Zustellungsurkunde notiert und dem Gläubiger übermittelt.

 
   
 

III. Pfändbare Vergütungsbestandteile

Das Einkommen des Schuldners soll zunächst seinem Unterhalt und dem Unterhalt seiner Familie dienen. Deswegen ist nach dem Gesetz nur ein Teil des dem Arbeitnehmer insgesamt zufließenden Arbeitseinkommens pfändbar.

Das Gesetz unterscheidet zwischen

  • unpfändbaren Bezügen
  • pfändbaren Bezügen und
  • Pfändungsfreigrenzen.

Arbeitseinkommen, das in Geld ausbezahlt wird, ist nur im beschränkten Umfang pfändbar. Genaue Regelungen enthalten die §§850 ff bis 850 h ZPO. Zum tatsächlich pfändbaren Arbeitseinkommen zählen alle Einnahmen, deren Grundlage jetzige oder frühere Arbeitsleistungen oder die Zusage von Arbeitsleistungen sind.

Zum Arbeitseinkommen zählen daher alle ausnahmslos in Geld zahlbaren Bezüge, aber auch Ansprüche auf Naturallohn in Form von z. B. Verpflegung, freie Unterkunft, Dienstwagen, Arbeitskleidung oder andere Sachbezüge, welche der Arbeitgeber dem Schuldner gewährt.

Zu dem in Geld zahlbaren Arbeitseinkommen zählen z. B.:

  • laufendes monatlichen Entgelt (egal ob Gehalt, Zeit- Stück- oder Akkordlohn)
  • Zuschläge zum Entgelt
  • Urlaubsgeld, Urlaubsentgelt
  • Kinder- oder Familienzuschläge
  • Weihnachtsgeld oder sonstige Gratifikationen (13.tes Monatsgehalt)
  • Provisionen
  • Gewinnbeteiligungen
  • Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung u. ä.
  • Karenzentschädigungen
  • Abfindungen

Der Naturallohn unterliegt grundsätzlich nicht dem Pfändungsschutz der §§ 850 ff. ZPO. Er ist gleichwohl meist nicht pfändbar, da er aufgrund der ihm zugrunde liegenden vertraglichen Regelungen in der Regel nicht übertragbar ist. Diese Nichtübertragbarkeit schließt eine Pfändung des Naturallohn aus (§§ 399 BGB, 851 ZPO).

Wirtschaftlich kommt der Naturallohn dem Gläubiger aber gleichwohl zugute, weil er in die Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens mit seinem geldwerten Vorteil einzubeziehen ist. Der ortsübliche Wert oder der geldwerte Vorteil nach steuerrechtlichen Vorschriften des Naturallohns ist auf den pfändungsfreien Betrag anzurechnen (§ 850 e Nr. 3 ZPO).

 Nicht vom Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfasst werden nachfolgende Leistungen:

  • Arbeitnehmersparzulage
  • vermögenswirksame Leistungen
  • Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung
  • Vergütungsansprüche aus Arbeitnehmererfindungen
  • Erstattungsansprüche auf Lohn- und Einkommenssteuer
  • Kindergeld
  • Erziehungsgeld
  • Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs. 1 MuSchG
  • Trinkgelder, die dem Schuldner vom Kunden persönlich gegeben wurden
  • Insolvenzausfallgeld
  • Wintergeld
 
   
 

IV. Unpfändbare Bezüge

Unpfändbar sind nach § 850 a ZPO des Weiteren nachfolgende Bezüge:

  • zur Hälfte die Vergütung für Mehrarbeit. Es ist nicht nur der Überstundenzuschlag, sondern auch die Überstundenvergütung nur zur Hälfte pfändbar.
  • Urlaubsgeld
  • Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses – z. B. Betriebjubiläen – und Treugelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.
  • Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Leistungen für auswärtige Beschäftigungen.
  • Entgelt für vom Arbeitnehmer selbst gestelltes Arbeitsmaterial
  • Gefahren-, Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.
  • Tage- und Übernachtungsgelder in Höhe der steuerfreien Pauschbeträge
  • Weihnachtsvergütungen bis zur Höhe der hälftigen Monatsvergütung, höchstens aber bis zum Betrag von 500,00 EUR. Besteht kein Rechtsanspruch auf die Weihnachtsgratifikation, liegt keine Forderung vor, die pfändbar ist.
  • Heirats- und Geburtsbeihilfen, sofern die Vollstreckung wegen anderer als der aus Anlass der Heirat oder Geburt entstandenen Ansprüche betrieben wird.
  • Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge
  • Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- und Dienstverhältnisse
  • Blindenzulagen
  • Beträge des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung an eine Pensionskasse
 
   
 

V. Berechnung des pfändbaren Betrages

Den pfändbaren Betrag des Arbeitseinkommens kann man in folgenden Schritten ermitteln:

1.      Ermittlung des Brutto-Arbeitseinkommens des Schuldners

Das der Pfändung zugrunde zu legende Arbeitseinkommen kann vom monatlich ausgezahlten Arbeitseinkommen abweichen, weil – wie oben ausgeführt – z. B. Sachbezüge hinzuaddiert werden müssen.

2.      Abzug des nur zum Teil pfändbaren oder unpfändbaren Einkommen sowie der gesetzlichen Abzüge (Lohn- und Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag, Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung).

3.      Feststellung des pfändbaren Betrags anhand der derzeit gültigen und amtlichen Lohnpfändungstabelle unter Berücksichtigung der dem Schuldner obliegenden Unterhaltspflichten.

4.      Abführung des errechneten Betrags an den Gläubiger ganz oder teilweise, je nach Höhe der zu befriedigenden Forderung

 
   
 

VI. Pfändungsfreigrenze 

Die Pfändungsfreigrenzen sind in § 850 c ZPO geregelt. Zu dieser Vorschrift gibt es eine amtliche Tabelle, die es dem Drittschuldner ermöglicht, anhand des errechneten pfändbaren wöchentlichen oder monatlichen Nettoeinkommens den pfändbaren Betrag in Abhängigkeit von den Unterhaltspflichten des Schuldners abzulesen.

Das höchste monatliche Nettoeinkommen der Pfändungstabellen beträgt zurzeit 3.020,00 EUR. Darüber hinaus gehendes Nettoeinkommen ist in vollem Umfang pfändbar.

§ 850 c ZPO und die hierzu erlassene amtliche Pfändungstabelle gehen zur Zeit (ab dem 01.07.2005) von folgenden Pfändungsfreigrenzen aus:

Unpfändbar ist ein Grundbetrag bis 989,99 EURO.

Ist der Schuldner unterhaltspflichtig, wird dieser Grundbetrag für jeden Unterhaltspflichtigen (z. B. Ehegatte, Kinder) erhöht.

Ist der Arbeitnehmer mehr als fünf Personen unterhaltspflichtig, kann er bei dem Vollstreckungsgericht nach § 850 f ZPO eine seinen Verhältnissen angepasste Sonderregelung beantragen.

 
   
 

VII. Vorschüsse

Nicht abgerechnete Vorschüsse oder Abschlagszahlungen werden grundsätzlich auf den pfändungsfreien Betrag angerechnet, auch wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erst nach Auszahlung beim Arbeitgeber eingeht.

 
   
 VIII. Kontopfändungsschutz

Das Sozialgesetzbuch regelt in § 54 SGB I, dass bestimmte Sozialleistungen kraft Gesetzes ebenfalls unpfändbar sind. Diese Sozialleistungen sind seitens der das Konto führenden Bank innerhalb einer Frist von 7 Tagen auch bei einer bestehenden Pfändung des Bankkontos an den jeweiligen Schuldner zur Auszahlung zu bringen. Für alle sonstigen Leistung ist ein Antrag auf Vollstreckungsschutz bei dem hierfür zuständigen Vollstreckungsgericht zu stellen. Die Regelung des § 54 SGB I lautet wie folgt:

§ 54 SGB I Sozialgesetzbuch

Pfändung

(1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können nicht gepfändet werden.

(2) Ansprüche auf einmalige Geldleistungen können nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht.

(3) Unpfändbar sind Ansprüche auf

1. Erziehungsgeld und vergleichbare Leistungen der Länder,

2. Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes, soweit das Mutterschaftsgeld nicht aus einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit herrührt gewährt wird, bis zur Höhe des Erziehungsgeldes nach § 5 Abs. 1 des Bundeserziehungsgeldgesetzes,

2a. Wohngeld, soweit nicht die Pfändung wegen Ansprüchen erfolgt, die Gegenstand der §§ 5 und 6 des Wohngeldgesetzes sind,

3. Geldleistungen, die dafür bestimmt sind, den durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwand auszugleichen.

(4) Im Übrigen können Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden.

(5) Ein Anspruch des Leistungsberechtigten auf Geldleistungen für Kinder (§ 48 Abs. 1 Satz 2) kann nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Kindes, das bei der Festsetzung der Geldleistungen berücksichtigt wird, gepfändet werden. Für die Höhe des pfändbaren Betrages bei Kindergeld gilt:

1. Gehört das unterhaltsberechtigte Kind zum Kreis der Kinder, für die dem Leistungsberechtigten Kindergeld gezahlt wird, so ist eine Pfändung bis zu dem Betrag möglich, der bei gleichmäßiger Verteilung des Kindergeldes auf jedes dieser Kinder entfällt. Ist das Kindergeld durch die Berücksichtigung eines weiteren Kindes erhöht, für das einer dritten Person Kindergeld oder dieser oder dem Leistungsberechtigten eine andere Geldleistung für Kinder zusteht, so bleibt der Erhöhungsbetrag bei der Bestimmung des pfändbaren Betrages des Kindergeldes nach Satz 1 außer Betracht.

2. Der Erhöhungsbetrag (Nummer 1 Satz 2) ist zugunsten jedes bei der Festsetzung des Kindergeldes berücksichtigten unterhaltsberechtigten Kindes zu dem Anteil pfändbar, der sich bei gleichmäßiger Verteilung auf alle Kinder, die bei der Festsetzung des Kindergeldes zugunsten des Leistungsberechtigten berücksichtigt werden, ergibt.

SGB I § 55 Kontenpfändung und Pfändung von Bargeld

(1) Wird eine Geldleistung auf das Konto des Berechtigten bei einem Geldinstitut überwiesen, ist die Forderung, die durch die Gutschrift entsteht, für die Dauer von sieben Tagen seit der Gutschrift der Überweisung unpfändbar. Eine Pfändung des Guthabens gilt als mit der Maßgabe ausgesprochen, dass sie das Guthaben in Höhe der in Satz 1 bezeichneten Forderung während der sieben Tage nicht erfasst.

(2) Das Geldinstitut ist dem Schuldner innerhalb der sieben Tage zur Leistung aus dem nach Absatz 1 Satz 2 von der Pfändung nicht erfassten Guthaben nur soweit verpflichtet, als der Schuldner nachweist oder als dem Geldinstitut sonst bekannt ist, dass das Guthaben von der Pfändung nicht erfasst ist. Soweit das Geldinstitut hiernach geleistet hat, gilt Absatz 1 Satz 2 nicht.

(3) Eine Leistung, die das Geldinstitut innerhalb der sieben Tage aus dem nach Absatz 1 Satz 2 von der Pfändung nicht erfassten Guthaben an den Gläubiger bewirkt, ist dem Schuldner gegenüber unwirksam. Das gilt auch für eine Hinterlegung.

(4) Bei Empfängern laufender Geldleistungen sind die in Absatz 1 genannten Forderungen nach Ablauf von sieben Tagen seit der Gutschrift sowie Bargeld insoweit nicht der Pfändung unterworfen, als ihr Betrag dem unpfändbaren Teil der Leistungen für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin entspricht.

 

 
   
 

IX. Schlussbemerkung

Die obigen Ausführungen stellen nur einen groben Überblick über die Möglichkeiten einer Zwangsvollstreckung aus einem Titel gegen einen Schuldner dar. Im Einzelnen können eine Vielzahl von weitergehenden Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Schuldner ergriffen werden, hier kann Ihnen ein Rechtsanwalt die entsprechenden Möglichkeiten und weitergehenden Schritte im Verhältnis Gläubiger gegen Schuldner, als auch dem Vollstreckungsschutz für Schuldner aufzeigen.

Zum Schmunzeln: Das "harte" Leben eines Vollstreckungstitels und dessen Aufruf an das Gericht zur pfleglichen Behandlung

 

 

Thomas Feichtinger, Rechtsanwalt / Mühlweg 14 / D-87719 Mindelheim / Tel.: +49(0)8261731131 / Fax.:  +49(0)1805-233633-73113 (0,14 EUR/Minute aus dem deutschen Festnetz)/  www.rechtsanwalt-mindelheim.de